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Urteil Verwaltungsgericht (LU - V 95 29)

Zusammenfassung des Urteils V 95 29: Verwaltungsgericht

Der Gemeinderat Rothenburg hat ein Baugesuch für eine Bauschutt-Sortieranlage abgelehnt, das dann vom Regierungsrat genehmigt wurde. Gegen diese Entscheide hat die Einwohnergemeinde Rothenburg Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht, da sie die Anlage als nicht zonenkonform ansieht. Es wird diskutiert, ob eine kantonale Nutzungszone erforderlich ist und ob die Umweltverträglichkeit der Anlage gewährleistet ist. Die Beschwerdeführerin argumentiert auch mit dem Vorsorgeprinzip bezüglich der Umweltbelastung. Letztendlich wird festgestellt, dass die Baubewilligung rechtmässig war und die Anlage zonenkonform ist, und dass planerische Schritte zur Verbesserung der Immissionssituation in den Wohngebieten notwendig sind.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts V 95 29

Kanton:LU
Fallnummer:V 95 29
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsrechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid V 95 29 vom 04.10.1996 (LU)
Datum:04.10.1996
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 11 Abs. 1-3 USG, Art. 31 Abs. 4 USG; Art. 16 Abs. 1, Art. 17, Art. 51 TVA; Art. 31 ff. LRV; § 17a, § 45, § 47 Abs. 1 PBG. Erforderliche Planungsstufe für die Bewilligung einer Abfall-Sortieranlage. Zonenkonformität einer solchen Anlage (Erw. 4). Vorsorgeprinzip. Einer problematischen Immissionssituation, welche auf eine Mehrzahl von Quellen zurückzuführen ist, muss mittels Massnahmeplanung und nicht mit individuellen bzw. isolierten Baubeschränkungen oder Bauverboten begegnet werden (Erw. 6).
Schlagwörter: Anlage; Rothenburg; Industriezone; Nutzungszone; Bewilligung; Planung; Massnahmen; Gemeinde; Sortier; Planungs; Entscheid; Abfallanlage; Recht; Vorsorge; Baubewilligung; Kanton; Richtplan; Nutzungsplanung; Bauschutt; Umweltschutz; Anlagen; Standort; Bauschutt-Sortieranlage; Verwaltungsgericht; Auswirkungen; Abfallanlagen; Voraussetzung
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:116 Ib 53; 119 Ib 485;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts V 95 29

Der Gemeinderat Rothenburg wies ein Baugesuch für eine Bauschutt-Sortieranlage ab. Eine dagegen eingereichte Verwaltungsbeschwerde der Bauherrschaft hiess der Regierungsrat am 17. Februar 1995 gut und erteilte die Baubewilligung gleich selber. Gleichzeitig erteilte er die Projektgenehmigung nach § 30 EGUSG sowie die übrigen kantonalrechtlichen Bewilligungen (fischereirechtliche, zivilschutzrechtliche und feuerpolizeiliche Bewilligung, Sonderbewilligung nach Wasserbaugesetz, Plangenehmigung nach Arbeitsgesetz und Bewilligung zum Erstellen und Betreiben einer Tankanlage für Heizöl) unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen. Schliesslich prüfte er die Umweltverträglichkeit und ordnete das Gebiet im Bereich der Anlage einzelfallweise den Empfindlichkeitsstufen IV bzw. III zu.

Gegen diese beiden Entscheide reichte die Einwohnergemeinde Rothenburg Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein und beantragte, beide angefochtenen Entscheide seien aufzuheben.

Aus den Erwägungen:

4. - Die Beschwerdeführerin macht geltend, die geplante Anlage sei nicht zonenkonform. Zwar habe das Verwaltungsgericht im «Littauer Entscheid» (LGVE 1993 II Nr. 1) die Zulässigkeit einer Bauschutt-Sortieranlage in einer Industriezone grundsätzlich bejaht, aber selber Ausnahmen angedeutet. In Analogie zum Fall «Chrüzlen» sei davon auszugehen, die strittige Anlage könne von ihrem Ausmass und ihren Auswirkungen auf die Nutzungsordnung her nur in einem Sondernutzungsplanverfahren genügend erfasst werden. Dies entspreche auch der Praxis des Bundesgerichts zu Abbauund Deponievorhaben, welche ohne weiteres auf die andern wichtigen Abfallanlagen übertragen werden könne. Zudem habe der Kanton Luzern mit dem neuen § 17a PBG eine Bestimmung erlassen, welche es dem Regierungsrat ermögliche, kantonale Nutzungspläne und Nutzungsvorschriften zu erlassen, um öffentliche im öffentlichen Interesse liegende Bauten und Anlagen zu ermöglichen, soweit diese nicht nur im kommunalen Interesse lägen. Voraussetzung dazu sei allerdings eine entsprechende Festsetzung im kantonalen Richtplan und die Mitwirkung der betroffenen Gemeinde. Wenn der Regierungsrat sich weigere, ein Verfahren zur Aufstellung eines solchen kantonalen Nutzungsplanes aufzustellen, werde auch diesbezüglich die Mitwirkungsmöglichkeit der Gemeinde vereitelt.

Die Beschwerdegegnerinnen weisen darauf hin, dass das Projekt im «Littauer Fall» dreimal so gross konzipiert gewesen sei wie das hier strittige in Rothenburg. Damit bestehe, entsprechend der Praxis des Verwaltungsgerichts, ein Anspruch auf eine Baubewilligung für eine solche Anlage in der Industriezone. Für eine kantonale Nutzungszone bestehe überhaupt kein Bedarf.

a) Vorab stellt sich die Frage, welche Planungsstufe für die Bewilligung einer Abfall-Sortieranlage erforderlich ist. Die Beschwerdeführerin macht indirekt geltend, die Anlage bedürfe vorerst einer Festsetzung im kantonalen Richtplan, und zwar aufgrund der Planungspflicht des Kantons nach dem USG aber aufgrund einer kantonalen Nutzungszone.

Nach Art. 31 Abs. 4 USG ermitteln die Kantone ihren künftigen Bedarf an Deponien und andern Entsorgungsanlagen und bestimmen die dafür erforderlichen Standorte. Gemäss Art. 16 Abs. 1 der Technischen Verordnung über Abfälle (TVA; SR 814.015) hat diese Abfallplanung bis spätestens am 1. Februar 1996 zu erfolgen. Nach Art. 17 TVA weisen die Kantone die vorgesehenen Standorte in ihren Richtplänen aus und sorgen für die Ausscheidung der erforderlichen Nutzungszonen. Zu den davon betroffenen Abfallanlagen gehören u.a. auch Sortieranlagen (Trösch, in: Kommentar zum USG, N 44 zu Art. 31).

Der Kanton Luzern hat offensichtlich noch keine, dem Bundesrecht genügende, Abfallplanung erstellt. Es existiert, wie dem angefochtenen Entscheid Nr. 517 S. 9 f. zu entnehmen ist, erst ein Konzept für die Abfallbewirtschaftung, das im Rahmen einer speziellen Konzeptstudie u.a. eine Bauschutt-Sortieranlage in der Region Rothenburg vorsieht. Es ist indessen unbestritten, dass der kantonale Richtplan die Standorte für diese Abfallanlagen noch nicht ausweist und demgemäss auch für die Gemeinde Rothenburg keinen Standort für eine Abfall-Sortieranlage enthält. Dazu ist aber festzuhalten, dass diese Bundesvorschrift vorab als Planungsauftrag an den Kanton ohne konkrete Sanktionsmöglichkeiten ausgestaltet ist. Eine konkrete, für betroffene Dritte Auswirkungen zeitigende, Folge einer mangelnden Planung sieht die TVA lediglich für Deponien vor. Gemäss Art. 51 TVA dürfen die Kantone spätestens ab 1. Februar 1996 die Errichtung neuer Deponien nur noch bewilligen, wenn diese in der Abfallplanung ausgewiesen sind. Für andere Abfallanlagen fehlt eine entsprechende Bestimmung, weshalb eine Bewilligung nicht gestützt auf die zitierten Bestimmungen des USG und der TVA verweigert werden kann, zumal die angefochtenen Entscheide vor dem 1. Februar 1996 erfolgten.

Eine kantonale Nutzungszone, wie sie das revidierte PBG (Gesetzesnovelle vom 11. Mai 1993) in § 17a vorsieht, bedingt zwar eine Festsetzung im Richtplan. Allerdings ist eine solche kantonale Nutzungszone für eine Abfallanlage nicht als Voraussetzung, sondern eher als kantonale Zwangsmassnahme ausgestaltet, wenn eine kommunale Planung einer Nutzungszone eine solche Abfallanlage nicht vorsieht und die Gemeinde eine Anpassung ihres Nutzungsplanes trotz geeignetem Standort ablehnt (vgl. dazu: Botschaft zur Änderung des PBG vom 19. Mai 1992, in: Verhandlungen des Grossen Rates 1992 S. 957 ff., insbesondere S. 960 f.). Der Erlass einer kantonalen Nutzungszone ist denn im PBG auch als «Kann-Vorschrift» ausgestaltet. Sofern die bestehende kommunale Nutzungsplanung die Errichtung einer entsprechenden Abfallanlage erlaubt, kann somit auf die Ausscheidung einer kantonalen Nutzungszone verzichtet werden. Die Vorinstanz hat die Industriezone von Rothenburg als genügende Nutzungszone erachtet und, falls dies zutrifft, zu Recht auf eine kantonale Nutzungszone verzichtet. Dieser Einwand der Beschwerdeführerin ist mithin nicht berechtigt.

Aus diesen Ausführungen geht hervor, dass die Bewilligung der hier strittigen Anlage aufgrund der zitierten Rechtsgrundlagen keiner Festsetzung im Richtplan bedarf. Dass dies aufgrund anderer Kriterien erforderlich sei, wird zu Recht nicht geltend gemacht. Eine Änderung der Richtplanung als Voraussetzung für eine Baubewilligung würde mithin bedingen, dass die projektierte Baute dem Richtplan widersprechen würde, was indessen nicht zutrifft.

b) Die Beschwerdeführerin macht im Zusammenhang mit der bundesgerichtlichen Praxis zu Abfalldeponien geltend, die Bauschutt-Sortieranlage bedürfe eines Sondernutzungsplanes. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Das luzernische Recht kennt den Begriff des Sondernutzungsplanes an sich nicht. Begrifflich geht es dabei um die eine Rahmennutzungsplanung präzisierende Detailplanung (Schürmann/Hänni, Planungs-, Bauund besonderes Umweltschutzrecht, 3. Auflage 1995, S. 184; Alb/Loretan, Planerische Sicherung von Standorten für Abfallanlagen, BRP 1992, S. 71). Analoge Planungsinstrumente des luzernischen PBG sind der Bebauungsund Gestaltungsplan. Die Beschwerdeführerin macht jedoch zu Recht nicht geltend, eine solche Spezialplanung sei hier erforderlich. Eine spezielle Nutzungszone (gemäss § 45 PBG als Sonderbauzone bezeichnet), die nach luzernischem Recht im Rahmen der ordentlichen Zonenplanung aufzustellen wäre, ist jedoch nur notwendig, wenn keine anderweitig genügende Nutzungszone vorhanden ist. Da die Industriezone indessen hier, wie nachfolgend noch darzulegen ist, genügt, erübrigt sich auch die Ausscheidung einer Sonderbauzone.

c) Die Industriezone von Rothenburg, in die das geplante Bauvorhaben zu stehen kommen soll, ist für industrielle Anlagen und gewerbliche Bauten bestimmt, die in anderen Zonen nicht zulässig sind (§ 47 Abs. 1 PBG; Art. 41 BZR Rothenburg). Im bereits zitierten «Littauer Fall» hat das Verwaltungsgericht festgehalten, bei einer Bauschutt-Sortieranlage handle es sich um eine industrielle Anlage, die grundsätzlich in einer Industriezone erstellt werden könne (LGVE 1993 II Nr. 1). Auch das bereits erwähnte, im Auftrag des BUWAL und des BRP erstellte Handbuch von Alb/Loretan bezeichnet für Sortierund Aufbereitungsanlagen für Bauschutt die Industriezone als geeignete Nutzungszone (S. 11). Daran ist festzuhalten. Das Verwaltungsgericht hat allerdings im zi-tierten Fall festgehalten, aufgrund der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in einem Projekt-Bewilligungsverfahren könne sich das Bedürfnis zeigen, bestehende Nutzungspläne zu überarbeiten, so insbesondere, wenn die Benützung der zu bewilligenden Anlage voraussichtlich über die Grenzen der unmittelbar betroffenen Zone hinaus Auswirkungen zeige, die mit der Gesamtplanung nicht vereinbar seien (LGVE 1993 II Nr. 1; Bericht zum Entwurf einer UVP-Verordnung vom Mai 1986, zitiert in: Informationshefte Raumplanung, EJPD/BRP, 3/1991, S. 7). Ein Bewilligungsverfahren bezwecke eine einzelfallweise Planverwirklichung, solle aber nicht selbständige Planungsentscheide hervorbringen (BGE 116 Ib 53 Erw. 3a).

In diesem Sinne habe sich die Prüfung der Übereinstimmung mit der Nutzungsplanung bei grösseren Anlagen nicht nur auf die unmittelbar betroffene Zone zu beschränken, sondern erfordere eine zumindest grobe Überprüfung der Übereinstimmung mit der gesamten Nutzungsplanung. Bei der Frage, ob solche übergreifende Auswirkungen zu einer Änderung Präzisierung der Nutzungsplanung führen müssten, stehe der entscheidenden Instanz zweifellos ein erheblicher Ermessensspielraum zu.

Die Beschwerdeführerin macht nun gerade solche, die Industriezone überschreitende Auswirkungen der Anlage geltend. Insbesondere die Anlieferung und der Abtransport des Bauschutts durch Lastwagen beeinträchtige die betroffenen Wohngebiete übermässig. Die Beschwerdeführerin als Trägerin der kommunalen Nutzungsplanung beabsichtigt jedoch offensichtlich nicht, ihre Nutzungsplanung bzw. die Industriezone zu überprüfen. Dies auch heute nicht, da mit einiger Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der geplante Autobahnanschluss an die N2 nicht, jedenfalls nicht wie geplant, gebaut werden kann. Auf eine Anfrage des Gerichts, was der Gemeinderat bezüglich der Industriezone zu tun gedenke, falls der Autobahnanschluss nicht bewilligt werde (planungsrechtliche Massnahmen?; verkehrspolitische Massnahmen?), antwortete die Beschwerdeführerin am 20. März 1996: «Ein Nein des Bundesrates zum Generellen Projekt für den Autobahnanschluss in Rothenburg-Station würde eine Neuüberprüfung unseres gesamten Verkehrskonzeptes dringend nötig machen. Die von allen Instanzen bewilligte SBB-Niveausanierung in Rothenburg-Station soll realisiert werden.» Von einer Absicht, eine Überprüfung der Nutzungsplanung in die Wege zu leiten, ist darin trotz entsprechender Frage nichts enthalten. Auch dem Protokoll eines Gesprächs der kantonalen Instanzen mit den Parteien lässt sich entnehmen, dass die Gemeinde keinen Baustopp für verkehrsreiche Anlagen in Erwägung zieht (vorinst. Akten 4.8 S. 2). Auch der Regierungsrat als Aufsichtsbehörde in Planungssachen sieht diesbezüglich keinen Handlungsbedarf. Da wie erwähnt den Planungsund Bewilligungsbehörden in dieser Frage ein erheblicher Ermessensspielraum zukommt, hat das Gericht keine Veranlassung, die strittige Industriezone in Frage zu stellen (zum Vorsorgeprinzip siehe unten Erw. 6). Die Anlage ist daher als zonenkonform zu bezeichnen.

d) (...)

5. - (...)

6. - Die Beschwerdeführerin begründet ihren Antrag schliesslich mit einem Verstoss gegen das Vorsorgeprinzip, wie es in Art. 11 USG dargelegt sei. Sie stützt sich dabei vorab auf die Stellungnahme des Amtes für Umweltschutz, das im vorinstanzlichen Verfahren ebenfalls Ablehnung des Bauund Genehmigungsgesuches beantragt hat, solange über den N2-Anschluss Rothenburg kein positiver Vorentscheid vorliege. Das Amt für Umweltschutz führte darin aus, in der Industriezone Rothenburg seien bereits heute verschiedene überdurchschnittlich stark schwerverkehrserzeugende Betriebe angesiedelt (z.B. Lagerhäuser, Tanklager). Daneben weise sie noch beachtliche Nutzungsreserven auf, wobei sich die verkehrsmässige Erschliessungsproblematik mit jedem Bauvorhaben weiter verschärfe. Solange eine Direkterschliessung an die Nationalstrasse nicht gesichert sei, sollte die aus Umweltschutzgründen beschränkte Verkehrskapazität nicht von weiteren Anlagen konsumiert werden, die ausschliesslich vom schweren Güterumschlag lebten. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass auch das Raumplanungsamt eine ähnliche Beurteilung vorgenommen habe. Aus dem Vorsorgegedanken heraus dürfe die Optik nicht auf ein einzelnes Vorhaben verengt werden. Der Vorsorgegrundsatz stehe daher einer Bewilligung entgegen.

Beschwerdegegnerinnen und Vorinstanz weisen darauf hin, dass in den angefochtenen Entscheiden ausführlich dargelegt worden sei, weshalb der Vorsorgegrundsatz des USG einer Bewilligung bzw. Genehmigung nicht entgegenstehen könne. Die Beschwerdegegnerinnen machen zudem auf die Rechtsnatur der Baubewilligung als Polizeierlaubnis aufmerksam. Daraus folgere, dass ein Vorhaben zu bewilligen sei, wenn nicht konkrete Verletzungen öffentlich-rechtlicher Normen nachgewiesen würden. Da dies nicht der Fall sei, komme eine Verweigerung der Bewilligung nicht in Frage. Überdies sei die Beschwerde nicht substantiiert. Es sei unzulässig, willkürlich und einzelfallweise die gesamte Verkehrspolitik der Gemeinde hinsichtlich des Industriegebietes in Frage zu stellen, zumal die Gemeinde auch im heutigen Zeitpunkt bei andern, beträchtlichen Schwerverkehr mit sich bringenden Bauprojekten in der Industriezone I die Zufahrt als genügend bezeichnet habe.

a) Dazu ist zunächst festzuhalten, dass von der tatsächlichen Beurteilung des UVB durch die Umweltschutzfachstelle zwar nur aus triftigen Gründen abgewichen werden soll (BGE vom 1.4.96 in URP/DEP 1996/4 S. 373). Die Schlussfolgerung der Fachstelle muss indessen, wenn sie den gleichen Stellenwert für die Entscheidsbehörde beanspruchen will, von den festgestellten Tatsachen und den massgeblichen öffentlich-rechtlichen Normen ausgehen. Andere Schlussfolgerungen sind eher als sachpolitische Meinungsäusserung z. H. der politischen Behörde zu verstehen. Im folgenden sind daher die einschlägigen Bestimmungen des USG und die dafür relevanten Fakten zu prüfen.

Art. 11 USG hat folgenden Wortlaut:

«1Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen werden durch Massnahmen bei der Quelle begrenzt (Emissionsbegrenzungen).

«2Unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung sind Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist.

«3Die Emissionsbegrenzungen werden verschärft, wenn feststeht zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich lästig werden.»

Bei diesen vorsorglichen Massnahmen geht es um Emissionsbegrenzungen durch Massnahmen an der Quelle, d.h. bei neu geplanten Anlagen bei diesen selber. Die sogenannt normalen Begrenzungen sind an die Grenze des technisch und betrieblich Möglichen und wirtschaftlich Tragbaren gebunden (Abs. 2). Im hier strittigen Fall hat die Vorinstanz bereits im Genehmigungsentscheid Nr. 517 eine Reihe von Auflagen z.T. betrieblicher Art gemacht, die zur Reduktion der Immissionen beitragen sollen. Weitere Anträge dieser Art werden auch von der Beschwerdeführerin nicht gemacht. Da somit nicht technische betriebliche Massnahmen bei der geplanten Anlage zur Diskussion stehen, sondern die Zulässigkeit der Anlage als solche, kommt Art. 11 Abs. 2 USG nicht zur Anwendung. Zu prüfen sind somit lediglich verschärfte Emissionsbegrenzungen nach Abs. 3. Dabei stellen sich zwei Fragen. Einmal ist zu prüfen, ob die Einwirkungen der neuen Anlage unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich lästig werden und wenn ja, ist zu beurteilen, ob in solchen Fällen die Verweigerung einer Baubewilligung gestützt auf diese Bestimmung zulässig ist.

b) Die Schädlichkeitsund Lästigkeitsgrenze ist für die hier interessierenden Lärmimmissionen durch die Immissionsgrenzwerte festgelegt (Schrade, in: Kommentar zum USG, N 41 zu Art. 11). Wie im angefochtenen Entscheid dargelegt und von der Beschwerdeführerin nicht bestritten, werden die Immissionsgrenzwerte hier auch unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung nicht überschritten. Damit ist eine wesentliche Voraussetzung zur Anordnung von verschärften Massnahmen im Sinne von Art. 11 Abs. 3 USG nicht gegeben. Inwiefern diese Schlussfolgerung der Vorinstanz unrichtig sein soll, legt die Beschwerdeführerin nicht dar. Wenn eine Anordnung von verschärften Massnahmen im Sinne des Vorsorgeprinzips nicht zulässig ist, kann gestützt darauf auch keine Verweigerung der Baubewilligung erfolgen. Damit kann die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein solches Bauverbot auf das Vorsorgeprinzip abgestützt werden könnte, grundsätzlich offen gelassen werden. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass die Verweigerung der Baubewilligung der Genehmigung als ultima ratio zwar als zulässig erachtet wird, dies jedoch nur, wenn die übermässigen Immissionen auf einen einzelnen allenfalls wenige Emittenten zurückzuführen ist (Schrade, a.a.O., N 17 zu Art. 11; URP 1992 S. 176; Zürcher, Die vorsorgliche Emissionsbegren-zung nach dem USG, 1996, S. 97). Ist die Immissionssituation indessen auf eine Mehrzahl von Quellen zurückzuführen, so insbesondere bei Immissionen aus dem Strassenverkehr, verweist das Umweltschutzrecht auf die Massnahmeplanung (Art. 31ff. LRV). Für individuelle bzw. isolierte Baubeschränkungen Bauverbote bleibt dabei kein Raum. Dabei sind neben baulichen, betrieblichen und verkehrslenkenden -beschränkenden Massnahmen ebenso raumplanerische Massnahmen zur Begrenzung grossflächiger Belastungen zu prüfen. Erweist sich letzteres als notwendig sinnvoll, ist die Bauund Zonenordnung im dafür vorgesehenen Verfahren entsprechend anzupassen (BGE 119 Ib 485ff.; Zürcher, a.a.O., S. 98ff.). Wie bereits oben dargelegt, kann die ohne Zweifel problematische Immissionssituation in Teilen der Wohngebiete von Rothenburg somit nicht durch einzelfallweise Bauverweigerungen, sondern höchstens allenfalls durch entsprechende planerische Schritte im Rahmen der Ortsplanung der Massnahmenplanung nach USG verbessert werden. In diese Richtung zielen wohl auch die grundsätzlich ablehnenden Anträge des Amtes für Umweltschutz und des Raumplanungsamtes im vorinstanzlichen Verfahren. Diese Planungsfragen sind indessen nicht Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens, sondern Aufgabe der zuständigen politischen Behörden.
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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